Die Zwergenlöcher
Ein Bericht von Wolfgang Rainer Kunzmann.
Die Sachsenklippen bei Bad Sachsa Foto: Wolfgang R. Kunzmann |
Wir trafen uns am Sonntag um 9.30 Uhr in Hildesheim. Von dort aus ging es, nach kurzer Lage Besprechung, auch schon los Richtung Sachsenstein / Südharz. Dort wollten wir die uns bislang unbekannten Zwergenlöcher bei Bad Sachsa aufsuchen. Auf einem Parkplatz in der Ortschaft Neuhof unterhalb der Sachsenklippen stellten wir unser Fahrzeug ab. Der Wanderweg ist sehr gut Ausgeschildert. Zu Fuss machten wir uns auf den Weg bergauf gegen Sachsenstein. Die Zwergenlöcher sind heute die bedeutendsten Naturdenkmale Niedersachsens. Nur was wir leider zu Gesicht bekamen , hat uns ziemlich schockiert. In den hinteren Teilen zweier Zwergenlöcher fanden wir Abfälle Dosen , Konserven , div. Zeitschriften und Tüten vor.
Die Reste der Waldschmiede. |
In der Südharzer Gipslandschaft werden kleine Quellungshöhlen auch als Zwergenhöhlen oder Zwergenlöcher bezeichnet. Hierbei handelt es sich genauer um Quellungshöhlen, blasenartige Hohlräume unter Gips- und Anhydritschichten, die durch Volumenzunahme bei der Umwandlung von Anhydrit in Gips durch Aufwölbung nach oben entstehen. Sie treten weltweit sehr selten auf, können örtlich jedoch häufig vorkommen. Das bekannteste Vorkommen in Europa ist der Sachsenstein und der Höllstein bei Bad Sachsa im Südharz. Dort treten Zwerglöcher auf einer Fläche von weniger als einem Quadratkilometer zu mehrern auf. Erstmals erwähnt wurden solche Quellungshöhlen von Behrens 1703. Eingehende Beschreibungen finden sich bei Biese (1931). Die größeren der Höhlen mit 0,5 bis 2 m Firsthöhe und bis zu 10 m Länge sind im Harzer Höhlenkataster erfasst
Ein Zwergenloch entsteht. |
Die Entstehung der Quellungshöhlen hat erstmals wohl Beyrich mit der Volumenzunahme der oberflächennahen Anhydritschichten bei der Aufnahme von Kristallwasser erklärt. Die lineare Ausdehnung beträgt maximal 17 %. Bei dieser Umwandlung von Anhydrit zu Gips weichen die verhältnismäßig plastischen Gesteinsbänke dem Druck durch ausbeulen nach oben aus. Dabei entstehen länglich-ovale, oft befahrbare (begehbare) Hohlräume. In jüngerer Zeit haben sich Breisch und Wefer (1981) mit der Entstehung dieser Höhlen auseinander gesetzt.
Bei der Sachsenburg Foto: Wolfgang R. Kunzmann |
Quellungshöhlen entstehen zum Teil in relativ kurzer Zeit. So wurde z.B. bei der Anlage eines Steinbruches 1924/25 eine Anhydritbank duch Abbau der überlagernden Gipsschichten freigelegt. Innerhalb weniger Jahrzehnte hat sich in dem 1930 stillgelegten Steinbruch aus einer hohlklingenden leichten Aufwölbung (ca. 10 cm hoch, 1950) bis 1995 eine ca. 30 cm hohe sowie etwa 4 m lange und 3 m breite Quellungshöhle entwickelt. Zwergenlöcher entstehen, wachsen und verstürzen im Verlaufe ihrer Jahrzehnte oder Jahrhunderte währenden Lebens wie so viele Dinge in unserer sehr dynamischen, belebten oder auch unbelebten Natur. Die Öffnung einer Quellungshöhle ist gleichzeitig der Beginn des Zusammenbruches und damit der Zerstörung. Nur wenn die aufgewölbte Anhydritschicht dicker ist, hat eine solche Höhle längere Standzeiten.
Bitte besuchen Sie diese schutzbedürftigen Geotope mit besonderer Vorsicht, damit Sie auch späteren Generationen in dieser Form erhalten bleiben. Und bitte hinterlassen Sie in Zukunft keine Abfälle mehr in den Zwergenlöchern, welchen wir am 22.10.06 leider fanden.
Zum Schluss noch einige Bilder von unserer Exkursion am 22.Oktober 2006
Wolfgang auf der Suche nach den Zwergenlöchern. | |
Ruine Sachsenburg Foto: Wolfgang R. Kunzmann |
Literatur:
- Behrens, G. H. (1703):
- Hercynia curiosa oder curiöser Hartz Wald. - Nordhausen (Neudruck Nordhausen 1899).
- Biese, W. (1931):
- Über Höhlenbildung. 1. Teil: Entstehung der Gipshöhlen am südlichen Harzrand und am Kyffhäuser. - Abh. Preuß. Geol. Landesanst., N.F. 137, 71. S.;Berlin.
- Breisch, R. L. & Wefer, F. L. (1981):
- The Shape Of "Gypsum Bubbles". - Proc. 8th Int. Congr. of Speleology: 757 - 759; San Diego.
- Reinboth, F. (1997):
- Die Zwergenlöcher bei Walkenried am Harz - Bemerkungen zur Frage der Quellungshöhlen. - Die Höhle, 48 Jg., H1: 1 - 13, 8 Abb:, Wien.
- Reimann, Matthias & Vladi, Firouz (2003):
- Zur Entwicklung der sog. Zwergenkirche am Sachsenstein bei Walkenried, Landkreis Osterode am Harz, Niedersachsen und vergleichende Beobachtungen zur rezenten Entstehung von Quellungshöhlen in einem aufgelassenen Gipssteinbruch bei Dingwall, Nova Scotia, Kanada. - Mitt. d. Verb. d. Dt. Höhlen- u. Karstforscher, 49 (3): 75 - 77, 5 A
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