Seelöcher - Erdfälle
" Schönheiten des Südharzes "
Ein Bericht von Wolfgang R. Kunzmann
Am 19. November besuchten wir die mir bekannten Erdfälle bei Pützlingen und einige der Seelöcher im Harzvorland. Die sogenannten Seelöcher befinden sich zwischen Kleinwechsungen und Günzerode auf dem sogenannten Seeberge und zwischen beiden Orten liegen bei Pützlingen zwei Erdfälle auf dem Rolandsberg im Landkreis Nordhausen / Thüringen. Das große Seeloch hat einen Umfang von etwa 650 Metern und ist mit Wasser gefüllt. Das kleine Seeloch ist trocken und mit Sträuchern und Bäumen bewachsen. Laut Informationen soll im 19. Jahrhundert auf dem großen Seeloch sich eine schwimmende Insel befunden haben. Durch die Heraushebung des Harzes hat sich eine hercyn ausgerichtete Stufenlandschaft gebildet. In dieser Richtung verläuft auch das Helmetal.
Einer der Erdfälle bei Pützlingen Foto: Wolfgang Kunzmann |
Auffällig ist, dass rechts und links der Helme Großerdfälle auftreten. Diese können einmal von großer Tiefe und geringem Durchmesser sein, wie zum Beispiel die beiden Erdfälle auf dem Rolandsberg bei Pützlingen oder ein großes Volumen repräsentieren, wie das Große Seeloch bei Hochstedt oder die vielen Erdfallseen bei Liebenrode. Opfersee, Grubenloch, Mönchsee, Wiedertäufersee, Steinsee, Röstesee. Die aus dem Harz kommenden Oberflächenwässer versinken. In großen Tiefen stoßen sie auf die Salzlager des Zechsteins und werden ablaugend tätig. Die relativ große Überdeckung des Buntsandsteins, in der Regel um 100 m, lässt in der Tiefe große Hohlräume entstehen. Ist die Tragfähigkeit dieser Hohlräume, die mit Salzlaugen gefüllt sind, dadurch kommt es zum allmählichen Durchbrechen zur Tagesoberfläche. So entstanden die Großerdfälle am Südharz - Vorland.
Der kleinere Erdfall bei Pützlingen Foto: Wolfgang Kunzmann |
Auf dem Seeberg südlich von Hochstedt liegen die drei Erdfälle Großes Seeloch, Kleines Seeloch und Moosloch. Von diesen war nur das Große Seeloch mit Wasser gefüllt, die anderen beiden waren trocken. Die Erdfälle sind in typischer hercyner Richtung angeordnet. Das große Seeloch hat eine max. Wassertiefe von 17 m. Wasseranalysen lassen keinen Zusammenhang mit tiefliegenden Wässern aus dem Zechstein erkennen.
Der Opfersee bei Liebenrode Foto: Wolfgang Kunzmann |
Das Große Seeloch ist ohne Zu- und Abfluss. Hier hat HAASE schon vor Jahren ermittelt ein Gesamterdfallvolumen von 750000 m³ und berechnet aus den Versenkungsmengen der Zorge und der Steina, dass für die Auslaugung dieses Hohlraums im Gips etwa 16000 Jahre notwendig gewesen wären. 1887 teufte die Preußische Bohrverwaltung in unmittelbarer Nähe des Großen Seelochs die Tiefbohrung Hochstedt ab. In ihr wurde kein Steinsalz im Zechsteinprofil mehr angetroffen. 1888 wird 500 m nordwestlich von Kehmstedt eine weitere Bohrung angelegt, die ein komplettes Zechsteinprofil enthält. Diese Bohrung befindet sich ca. 7 km südwestlich vom Seeloch, also senkrecht zur hercynen Richtung. Auf dieser relativ kurzen Strecke fallen ca. 160 m Steinsalz und Kalisalzlager aus.
Das Grubenloch Foto: Wolfgang Kunzmann |
Die Schönheit des Großen Seeloches fasziniert auch heute noch jeden Besucher und zu jeder Jahreszeit. Ganz besonders aber erfreut man sich im Sommer, wenn man an einigen flachen Stellen die weiß- und gelbblühenden Seerosen betrachten kann. Das wassergefüllte Seeloch mit seiner fast kreisrunden Form gleicht einer riesigen Schüssel, die am oberen Hang des Seeberges liegt und zur Helmeniederung nach Südwest geneigt und geöffnet ist.
Der Mönchsee Foto: Wolfgang Kunzmann |
An der Oberkante des Geländeabbruchs steigt der nördliche Uferrand auf etwa 22 m an und hat einen Böschungswinkel von etwa 30 Grad. Der südliche Uferrand ist sehr flach und beträgt kaum 3 Meter. Die gesamte Uferböschung ist bewachsen; es dominieren Fichten, Schwarzerlen und Strauchwerk mit Hirschholunder, Schwarzem Holunder, Gestrüpp und üppige Gräser. Die gesamte Umgebung der beiden Seelöcher und des Moosloches besteht aus wertvollen Verwitterungsböden des Buntsandsteins. Die angrenzenden Felder werden landwirtschaftlich intensiv genutzt.
Wiedertäuferloch Foto: Wolfgang Kunzmann |
Mit der geologischen Entwicklung des Großen Seeloches haben sich die Geowissenschaftler insbesondere im 20. Jahrhundert intensiv beschäftigt. Vom Anblick auf dieses friedliche Gewässer vermutet man rein äußerlich einen majestätischen Bergsee. Dennoch glaubten früher einheimische Bürger, das Große Seeloch stände mit dem Meer in Verbindung und dass sich in ihm Seefische befinden. Die Größe der asserfläche, die Höhenlage über NN, die Tiefe sowie die trichterförmige Gestalt sind kein Beweis für ein Meeresrelikt; allein schon infolge der Meeresferne müssen diese Gedanken zurückgewiesen werden.
Herbst am Großen Seeloch Foto: Wolfgang Kunzmann |
Das Große Seeloch ist in seiner Eigenart ein besonderes Naturphänomen und kann aber nur im Zusammenhang mit den vielen Erdfällen im Südharzvorland gesehen werden. Alle diese Erdfälle sind eindrucksvolle Naturobjekte mit vielfältigen Varianten, wo dennoch jeder seine eigene geologisch-spezifische Entwicklung aufweist. Bei der Betrachtung einer geologischen Karte erkennt man, dass diese Erdfälle in der Buntsandsteinlandschaft liegen. Dieses geschlossene Landschaftsbild liegt im nördlichen Thüringer Becken innerhalb der Schichtstufenlandschaft und reicht bis weit über die Helme hinaus. Unterhalb der Buntsandsteinvorkommen liegen die Zechsteinablagerungen in einer beachtlichen Tiefe. Im Schnitt des geologischen Messtischblattes Nordhausen-Nord erkennt man die nahezu ungestörte Schichtenfolge des Zechsteins. "Eine Tiefbohrung, Hochstedt" liegt direkt an der Straßenabzweigung der F 243 nach Hochstedt, also an der Straße Kleinwechsungen-Günzerode, 1250 m vom westlichen Rand des Großen Seeloches ... und zeigt folgendes Ergebnis: Die Salze sind hier vollkommen ausgelaugt und nicht mehr vorhanden. Für die Erdfallbildung in unserer Landschaft sind also die Schichtfolgen des Zechsteins von Bedeutung.
Am Großen Seeloch im Herbst Foto: Wolfgang Kunzmann |
Zusammenfassend konnten wir feststellen, dass die beiden Seelöcher und das Moosloch so genannte Buntsandsteinerdfälle sind; sie entstanden aus der Verkarstung der vom Buntsandstein überlagerten Zechsteinsulfate Anhydrit und Gips und Salze, wobei sie große und tiefe Erdfallformen bilden. Christel und Reinhardt Völker (Uftrungen - Heimkehle) stellen vor Jahren schon fest, daß man auf Grund der Verkarstung von Anhydrit und Gips somit von Sulfatkarst spricht. Dieser Verkarstungsprozeß erfolgt relativ schnell. Infolge der Gesteinsauflösung und des Abtransportes der gelösten Komponenten bilden sich Hohlräume.
Am Mönchsee im Herbst Foto: Wolfgang Kunzmann |
Sobald diese Hohlraume eine bestimmte Größe erreicht haben, bewirkt das Gewicht der darüber lagernden Gesteinsschichten den Zusammenbruch der Hohlraumdecke oder die völlige Zermürbung des Deckgebirges. Der Bruchvorgang setzt sich nach oben allmählich im Laufe von möglicherweise Jahrhunderten fort, bis er die Oberfläche erreicht hat und als Erdfall in Erscheinung tritt. Die angenehme Ruhe der Umgebung, die leicht kräuselige Wasseroberfläche, die Spiegelbilder der Wolken und der Bäume am Ufer, ein guter Bestand an Singvögeln sowie die herrlichen Seerosen bilden wahrscheinlich ein Kleinod dieser schönen Südharzlandschaft.
Literatur:
- Haase, H.
- Hydrologische Verhältnisse im Versickerungsgebiet des Südharzvorlandes.- Diss. Univ. Göttingen, Göttingen 1936, 218 S.
- Schuster, F.
- Tiefster Erdfall des Südharzes. Der Nordhäuser Roland [Zeitschrift des Kulturbundes], Nordhausen (1955) 5, S. 61-79
- Reinhard Krause.
- Das große Seeloch bei Kleinwechsungen, in: Thüringer Neueste Nachrichten, vom 14. 3. 1987.
- R. Rackwitz.
- Sagen und Märchen aus dem Helmegau.
- D. G. Henning Behrens.
- hier wird von Junker Jost Adolph von Tastungen, Gerichtsherr auf Großwechsungen, berichtet; Liesegang bzw. Magister Ehrhardt nennen einen Junker Jost von Huchstedt. Eine Identität beider Personen kann im Rahmen dieser Arbeit nicht nachgeprüft werden.
- Heinrich Heine.
- Informationsgespräch mit Horst Wolter, Agronom in der LPG (P) Großwechsungen.
- Christel und Reinhardt Völker.
- Dolinen und Erdfälle im Sulfatkarst des Südharzes, Mitteilungen des Karstmuseums Heimkehle, Heft 15, S. 4.
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